Ist die USA auf den Weg in den Faschismus?
Wer Antworten auf diese Fragen sucht, dem sei die aktuelle Biographie, „Mussolini Der erste Faschist“, zur Lektüre empfohlen. Der Autor Hans Woller schildert in knappen Kapiteln den Aufstieg und Fall des ersten faschistischen Diktators in Europa.
Woller beschreibt anschaulich, wie der mit übergroßem Ego ausgestattete Sozialist und gelernte Lehrer Mussolini an die Macht drängt. Nachdem er bei den Sozialisten nicht die erstrebte Karriere an die Spitze der Partei und eine sozialistische Regierungsübernahme erreichte, wechselte er ohne große Bedenken die politische Richtung. Mussolinis ausgeprägter Wille zur Macht, sein Gespür für Strömungen der Gesellschaft ermöglichte es ihm, Anfang der zwanziger Jahre die zersplitterten rechtsradikalen Schlägerbanden zu einen und sich an deren Spitze zu setzen. Kraft seines Charisma und seines taktischen Geschicks formt er die faschistischen Gruppierungen, bisher ohne politische Bedeutung, zu einer für breite Bevölkerungskreise wählbaren Protestpartei, der Partito Nazionale Fascista. Mit Druck von der Straße und blankem Terror schließlich am Ziel, ernannte ihn der italienischen König zum Ministerpräsidenten. Schließlich bildete er unter Beteiligung der alten Eliten eine faschistische Regierung.
Die faschistische Partei und ihre Organisationen durchdrangen schon bald die italienischen Gesellschaft. Der „Duce“ Mussolini und die Faschisten wurden von breiter Zustimmung getragen. Die Morgenröte einer neuen Zeit schien angebrochen. Italien sollte wieder groß werden. Vor allem stützte die Begeisterungsfähigkeit der Jugend das System. Die faschistische Hymne „La Giovenezza“ ist beispielhaft dafür, sowie der Slogan „Credere Obbedire Combattere “ (Glaube! Gehorche! Kämpfe!). Mussolinis Rhetorik war brutal und wirksam durch Regelverstöße. So etwas war im wahrsten Sinne bislang unerhört.
Das Ende von Mussolini ist bekannt: Im April 1945 brach sein faschistisches, von deutschen Waffen gestütztes Marionettenregime von Salo zusammen. Als engster Verbündeter Hitlers wurde er auf der Flucht von Italien in die Schweiz von Partisanen erschossen.
Was macht aber diese Biographie gerade heute so lesenswert? Sie verdichtet den Aufstieg einer ressentimentgeladenen Person, die mit unbedingtem Willen an sich selbst und ihre Großartigkeit glaubt. Mit Charisma, Regelverletzungen und Brutalität, gelingt es Mussolini sich an die Spitze des Staates aufzuschwingen und mit Dekreten „durchzuregieren“.
Vom Palazzo Venezia zum Weißen Haus?
„Rende l’Italia ancora una volta grande“ oder: „Make america great again“?
Mussolini wollte Italien wieder groß machen. Es sollte stark und autark sein und an die Zeiten des römischen Imperiums anknüpfen.
Es werden erschreckende Parallelen zu den ersten Tagen der Präsidentschaft Trump sichtbar. Trump, ein Egomane und Narzisst wie Mussolini, Putin und Erdogan, verspricht Amerika wieder groß zu machen. Er wird getragen von der Zustimmung der vermeintlich Abgehängten. Wie auch die Faschisten der zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts, verachten auch diese voller Ressentiment, ja blankem Hass das politische Establishment. Genau das ist die trübe Brühe, in welcher der Faschismus seine Sumpfblüte entfalten kann.
Verstörende Bilder
Die Ikonographie der Inszenierung bei der Unterzeichnung von Dekreten im Oval Office durch Trump, ist die gleiche wie bei der Unterzeichnung faschistischer Dekrete im Palazzo Venezzia, dem Amtssitz des Duce.
Das geht bis zur Körpersprache mit energisch vorgestrecktem Kinn und „zustechenden“, drohenden Zeigefinger in wilder Gestik erstarrend. Verstörend, Ja beängstigend die verlogene und auch brutale Rhetorik die aus dem Weißen Haus schallt wie aus einem Propagandaapparat eines autoritären Regimes. Ist Trump, der charismatische Egomane, der Regelverletzer, ein Faschist?
„Mussolini“ Eine Biographie von Hans Woller, erschienen bei C.H. Beck
Vielen Dank für die äußerst gelungene und relevante Rezension.
Die Parallelen bis hin zur Körperlichkeit sind lucide erfasst und dargestellt.
Wir dürfen gespannt sein was uns in dieser Hinsicht noch geboten wird.