Der Stern des Bundes

von Stefan George

Stefan George 1910 Foto Jacob Hilsdorf
Stefan George (1868 – 1933)
1914 erschien der Gedichtband «Der Stern des Bundes». Darin lesen wir:

„Wer je die flamme umschritt
Bleibe der flamme trabant!
Wie er auch wandert und kreist:
Wo noch ihr schein ihn erreicht
Irrt er zu weit nie vom ziel.
Nur wenn sein blick sie verlor
Eigener schimmer ihn trügt:
Fehlt ihm der mitte gesetz
Treibt er zerstiebend ins all.“

Die Flamme

Stefan George und sein Kreis waren päderastisch geprägt. George erhob den Anspruch auf Gefolgschaft an den Meister. Dafür steht das zitierte Gedicht beispielhaft. Er ist die Flamme und der Meister, den seine Jünger wie Trabanten umkreisen. Ohne ihn und sein Charisma sind sie nichts. Ohne seine Leuchtkraft zerstieben sie bedeutungslos ins All. George steht damit in der Tradition der „Religionsgründer“ des späten 19. Jh. Sei es Richard Wagner, der Nietzsche Kreis oder Rudolf Steiner und die Anthroposophen. George war ein begnadeter Selbstdarsteller und Schnorrer. Ausgezogen aus seinem Heimatort Bingen, lebte er die meiste Zeit des Jahres in Sommerhäusern und Villen seiner wohlhabenden, zumeist weiblichen Verehrer.

Charisma und Verführung

…und ihre Trabanten

Der 24. jährige Ernst Robert Curtius schrieb am 30.05.1910 an George: „Meister! Das Erlebnis des wunderbaren Abends durchzittert mich noch und treibt mich, Ihnen aus tiefbewegtem Herzen zu danken. Sie wissen alles, ich kann Ihnen nichts sagen, das Sie nicht wüssten. Aber das kann mich nicht hindern, Ihnen zu sagen, dass jene Stunden für mich geweihte Stunden gewesen sind, die Frucht bringen werden. Dass Ihre Worte blitzartig weite dämmrige Strecken meiner geistigen Welt erhellt haben, das  sie mir auf allen berührten Gebieten eine zwingende, überzeugende Orientierung meines Denkens und Wollens gegeben haben… Hier gibt es kein Bewundern, kein Danken mehr, nur noch Hingabe und Verehrung.“(StGAIII 2452)

Seinem Kreis gehörten die Brüder Stauffenberg ebenso an wie bedeutende, durch ihn inspirierte Wissenschaftler. Zu nennen ist hier Ernst Hartwig Kantorowicz, welcher von George beeinflusst in den 20. Jahren eine bedeutende Monografie über den Stauferkaiser Friedrich II vorgelegte hatte. In diesem Werk wird vom „geheimen Deutschland“ geraunt. Diese Worte sollen auch die letzten Worte des gescheiterten Hitler – Attentäters Schenk Graf von Stauffenberg vor dem Erschießungskommando im Bendlerblock gewesen sein: „Es lebe das geheime Deutschland“.

Doch was war nun eigentlich der George–Kreis? Antworten finden sich bei Ulrich Raulff in seinem Werk «Kreis ohne Meister» – Stefan Georges Nachleben, C.H Beck, 2009.

Zitat:

„Der wichtigste Grund dafür ist die Existenz seines Kreises, den er in einer merkwürdigen, ordenhaften Sonderstellung zur gewöhnlichen Welt hielt. Durch die Mitglieder des Kreises gelangte er zu einer Übersetzung seiner poetischen Ideen in Werke einer esoterischen Essayistik; durch dieses Überspringen der Artengrenze wiederum gewann er Einfluss auf die Geisteswissenschaften seiner Zeit und Nachwelt“.

George steht in der Zeitgenossenschaft Rilkes. Seine Gedichte sind nahe am Kunstgewerblichen. Dennoch sind sie von großer Kraft und Seele. Nicht zuletzt übte der George–Kreis bedeutenden Einfluss auf die Reformpädagogik aus, die den platonischen Eros in den Mittelpunkt der Erziehung stellte. Die letzte Sumpfblüte dieses Erziehungsideals war der Skandal der pädophilen Umtriebe an der Odenwaldschule in Oberhambach.

Weitere Quellen

Autor: Stefan George
Verlag:Projekt Gutenberg
Genre:Lyrik

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