Das Scheitern des Westens im Orient
Der Journalist und Autor Peter Scholl-Latour (9. März 1924 bis 16. August 2014) ist uns allen noch in Erinnerung. Er begleitete uns als Reporter an vorderster Front in der Tagesschau durch den Vietnamkrieg und kämpfte selbst als französischer Para in den 50er Jahren im Dschungel von Vietnam.
In seinem letzten Lebensjahrzehnt war er für die Rolle des konservativen Haudegens und Pessimisten in den Talkshows besetzt. Sein Kenntnisreichtum über den vorderen Orient war immens. Unvergessen ist seine stereotype Redefloskel »Nicht wahr…« am Ende seiner meist genuschelten Kommentare.
Scharfsinnig entwirft Scholl-Latour in »Der Fluch der bösen Tat« ein Panorama der Verwerfungen einer Region, die durch die Interventionen des Westens unsicherer denn je geworden ist. Anekdotenreich zeichnet er seine Erkenntnisse auf. Diese gewann er immer im persönlichen Gespräch vor Ort mit den unterschiedlichen Akteuren. Seine Analysen der politischen Situation des Nahen Ostens und der Nachfolgestaaten der Sowjet-Union in Zentralasien auf deren Weg in die islamische Prägung lassen die gegenwärtigen Krisen dieser Region aus ihrer historischen Bedingtheit begreifen.
Die „Kassandra“ der Berichterstattung, wie er auch genannt wurde, hatte leider mit seinen profunden Analysen nur allzu oft Recht behalten. Sein Buch legt Zeugnis davon ab und ist zugleich wie ein großer Abenteuerroman zu lesen, welcher den Leser in ferne Länder und Steppen entführt.
Peter Scholl-Latour zu seinem 90. Geburtstag auf telepolis.de: https://www.heise.de/tp/features/Scholl-Latour-Wir-leben-in-einer-Zeit-der-Massenverbloedung-3364167.html